St. Sebald
Fangen wir mit einer Besonderheit an. Die Reliquien eines katholischen Heiligen werden in einer evangelisch Kirche aufbewahrt.
1230-40 wurde auf den Grundmauern einer dem Hl. Petrus geweihten Vorgängerkapelle mit dem Bau der spätromanischen, doppelchörigen Pfeilerbasilika begonnen. Vermutlich war der 1237 fertiggestellte Bamberger Dom
Vorbild für die Doppelchörigkeit der Sebalduskirche. Kaum war die Kirche 1274 fertiggestellt, kamen Pläne für eine Erweiterung auf. Die Seitenschiffe der Kirche wurden erweitert und mit Seitenaltären und
weiteren Kunstwerken ausgestattet. Diese wurden nahezu ausschließlich von Ratmitgliedern gestiftet. Der Wohlstand und Reichtum der Stadt spiegelte sich nicht zuletzt auch in den Kirchenfenstern wieder. Diese
wurden durch Veit Hirsvogel nach Entwürfen von Albrecht Dürer und Hans Süß von Kulmbach angefertigt. Gestiftet - also bezahlt - wurden sie von den wohlhabenden Patrizierfamilien, die allesamt ihr Wappen in den
Glasfenstern verewigten. Tucherfenster, Haller Fenster, Stromer Fenster werden sie noch heute genannt und verraten gleich den Stifter.
1379 war die Erweiterung vollendet. Die Türme waren erhöht worden (1309-45) und ein spätgotischer Hallenchor war angebaut (1358-79).
Das Sebaldusgrab war und ist das bedeutendste Kunstwerk der Kirche und ein Pilger-/Touristenmagnet. Auch gibt es zahlreiche Figuren und Epitaphien des Bildschnitzers und Bildhauers Veit Stoß zu bewundern. Das
Schreyer-Landauer-Epitaph von Adam Kraft (1490-92) an der Außenseite zum Rathaus muss hier ebenfalls genannt werden.
War die Reichsstadt Nürnberg auch eine der ersten, die der Reformation folgte, so waren die Patrizierfamilien doch darauf bedacht ihre "Schatzkästlein" St. Sebald und St. Lorenz von der Ausstattung her
weitgehendst zu erhalten.
Eine Barockisierung der Ausstattung erfolgten erst Mitte des 17. Jahrhunderts. Diese wurde später vom Konservator und Architekten Karl Alexander Heideloff erfolgreich zurückgenommen. In den Jahren 1888-1906
erfolgten vielfältige Instand- setzungsarbeiten an St. Sebald.
Am 2. Januar 1945 um 18.35 Uhr begann die größte Bombartierung Nürnbergs. Aus mehr als 600 Bombern fielen eine Million Brand- und Sprengbomben auf Nürnberg. Die Nürnberger Altstadt versank im Feuersturm. Kirchenschätze und
Kirchenfenster waren lange zuvor in Sicherheit gebracht worden. Das Sebaldusgrab, mit einer dicken Betonschicht überzogen, hielt der tonnenschweren Last der einstürzenden Kirchendecke stand.
Die Hauptarbeiten des Wiederaufbaues waren 1957 vollendet. Die Instandsetzung der Westempore mit dem Engelschor dauerte bis 1977 an.
Erwähnt werden muss das schräg gegenüberliegende Sebalder Pfarrhaus mit dem Sebalder Chörlein und dem letzten erhaltenen, mittelalterlichen Innenhof in Nürnberg.
Der heutige Sebalder Platz davor war bis 1520 ein Friedhof, der zur Kirche gehörte.
Das Sebaldusgrab
Das Sebaldusgrab ist das bedeutendste Kunstwerk der Kirche. Es besteht aus einem Reliquienschrein, den ein Tabernakel aus Bronzeguss umgibt. Der Reliquienschrein aus Silber ist eine
Arbeit des Goldschmieds Fritz Habelsheimer d.Ä. und wird auf 1391 datiert. Nachdem der Schrein zweimal von Dieben aufgebrochen worden war (1461 und 1506), beschloss der Rat ihn zu sichern. 1488 stellte Peter
Vischer d. Ä. seinen im Stil der Gotik gehaltenen Entwurf vor. Fertiggestellt wurde der Tabernakel erst 31 Jahre später. Peter Vischer d.Ä. erweiterte ihn mit italienischen Renaissance-Elementen und fertigte
ihn zusammen mit seinen zwei Söhnen von 1509 bis 1519 an. Der selbstbewußte Fischer d.Ä. verewigte sich selbst nicht nur mit einer Bildstatuette auf dem Grab, sondern ließ mit einer Inschrift am Sockelrand
auch noch jeden wissen von wem das Werk geschaffen wurde: "Peter Vischer, purger zu Nürnberg, machet das werk mit sein sunne un wurd folbracht im jar 1519."
Das Sebaldusgrab hat eine Höhe von 4,7 m. Acht schlanke Stützen bilden eine dreijochige Kapelle, über der sich drei tempelartige Baldachinaufbauten türmen. 12 Propheten sind darauf plaziert.
Das Christuskind mit der Weltkugel in den Händen symbolisiert die himmlische Macht.
Der Reliquienschrein steht auf einer Tumba. Ihn umgeben 12 Apostelfiguren, die gleichsam einer Wache um den Schrein mit Blick nach außen plaziert sind. Einige interpetieren die Plazierung der Apostel auch
dahingehend, dass sie St. Sebald in ihren Kreis aufgenommen haben.
Der Heilige Sebald
Er ist der Stadtpatron Nürnbergs und er ist ein Außenseiter. Über sein Leben und Wirken ist historisch belegbar nur wenig bekannt. Es gibt über ihn viele Legenden und nur wenig gesicherte Fakten. Er lebte als Eremit und starb um 1070. Danach wurde immer wieder von Wunderheilungen an seinem Grab berichtet. Die darauf einsetzenden Wallfahrten und Pilgerströme lösten die Umbenennung der Petruskirche in St. Sebald aus. Seine Heiligsprechung haben die Nürnberger mit viel diplomatischen Geschick bei Papst Martin V. betrieben, also ihren ganzen "Nürnberger Witz" eingebracht. Die Heiligsprechung des Eremiten erfolgte am 26.03.1425. Der Rat hatte die Legendenbildung natürlich gefördert, denn die Pilger brachten Geld und der Hl. Sebald war praktisch ein "Alleinstellungsmerkmal" der Stadt Nürnberg.
Quellen:
Knauers Kulturführer Deutschland, Droemersche Verlagsanstalt, 1976.
Unsere bayerische Heimat, Ein Reisebegleiter, Verlag Alfred Beron, München, 1974/75.
Deutschland, Sonderausgabe für Tandem Verlag, Potsdam, 2016.
dtv Brockhaus Lexikon in 20 Bänden, Verlag F. A. Brockhaus, Mannheim, 1989.
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