"Reisen bedeutet herauszufinden, dass alle Unrecht haben mit dem, was sie über andere Länder denken."
Der Pilgerpass – Carte de pèlerin – Credencial del peregrino
Der Pilgerpass oder -ausweis, auf spanisch »credencial«, ist für die Übernachtung in den Pilgerherbergen obligatorisch. Die Pilger können diesen entweder schon von zu
Hause mitbringen oder unterwegs an vielen Stellen entlang des Jakobswegs gegen eine geringe Gebühr erhalten. Über die Fränkische St. Jakobus-Gesellschaft Würzburg e.V. oder das Pilgerzentrum
Nürnberg kann man ihn einfach online beziehen. Die Zahlung in Höhe von 7,65 € (Stand: 3/2023) erfolgt per Vorkasse mittels PayPal oder VR-Pay (Lastschrift, Giropay, Kreditkarte). Wenige Tage später
liegt er im Briefkasten.
Notwendige Angaben sind Name, Adresse, Geburtsdatum, sowie Tag und Ort, an dem die Pilgerfahrt beginnen soll. Wichtig ist auch, ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad gepilgert wird.
Der Pilgerausweis wird manchmal noch Pilgerbrief genannt. In alter Zeit gab es keinen Ausweis, sondern den Pilgerbrief bzw. das Geleitschreiben. Beide sicherten neben der Übernachtung in
Pilgerherbergen auch die Befreiung von Weg- und Zollzahlungen auf den Geleitwegen. Sie waren damit bares Geld wert. Auch sicherten sie in den Städten die Möglichkeit zum Betteln.
Erst nach der Reformation, die zeitlich um 1525 anzusetzen ist, kann von einem allgemeinen Passzwang gesprochen werden.
Stempel für den Pilgerpass gab es damals noch nicht. Der Pilgerstempel ist eine Erfindung der Neuzeit, wohl auch, um den Weg zu dokumentieren. Zu finden sind diese tagsüber in den
Pilgerherbergen, Kirchen oder Pfarrbüros (falls geöffnet), den Tourismus-Centern, Klöstern, aber auch in Hotels, Gaststätten und Bars. Nachfragen lohnt sich! Klassisch erhält man ihn in der Pilgerherberge.
Die Motive dieser Stempel sind meist ganz besonders und einzigartig gestaltet, sodass sie auch eine schöne Dokumentation des zurückgelegten Weges sind. Neben den Stempeln wird im Pilgerausweis
auch das Datum der Ankunft eingetragen.
Um in Santiago de Compostela die Pilgerurkunde, la Compostela, zu erhalten, braucht man jeden Tag mindestens einen Stempel; ab den letzten 100 Kilometern zu Fuß sind täglich sogar zwei dieser kleinen Kunstwerke vorgeschrieben. Was für eine schöne Art der Nachweisbarkeit.
Zusammmenfassend läßt sich sagen, dass der Pilgerpass drei Zwecken dient:
Sammeln von Stempeln.
Der Pilgerstempel des Isidor von Chios aus dem 6. Jahrhundert weist auf eine frühe Nutzung von Pilgerstempeln unter Pilgern und Wallfahrern hin. Ab wann speziell
Jakobspilger Pilgerstempel als Nachweis nutzten ist nicht genau bekannt.
Übernachtung in Pilgerherbergen
Der Pilgerpass ist kein offizielles Dokument, weist jedoch eine Person als Pilger auf dem Jakobsweg aus. Ist man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder einem Reittier unterwegs, berechtigt er
zur Übernachtung in Pilgerherbergen, soweit dort Plätze verfügbar sind. Ein Anrecht auf einen Übernachtungsplatz besteht nicht. Die Beherbergung und Verpflegung eines Pilgers, soweit möglich, war früher eine
Christenpflicht. Der Pilger war daher in allen Zeiten Gast, nicht König.
Erlangung der „Compostela” in Santiago
Mit dem Besuch der Kathedrale von Santiago de Compostela beendet der Pilger seine Wallfahrt auf dem Jakobsweg.
In Santiago kann auf dem Pilgerbüro gegen Vorweisen des Pilgerpasses die „Compostela” bezogen werden.
Diese traditionelle Urkunde bestätigt, dass jemand nach Santiago aus „pietatis causa” (aus religiösen und/oder spirituellen Motiven) gepilgert ist.
Seit 2009 wird verlangt, dass auf den letzten 100 km zu Fuss, respektive 200 km mit dem Fahrrad, pro Tag zwei Stempel eingetragen sind. Dies gilt vor allem dann, wenn jemand die Pilgerreise erst in Galicien
beginnt.
Drei Bedingungen müssen erfüllt sein, um die Pilgerurkunde (Compostela) erhalten zu können:
- die letzten 100 km wurden zu Fuß (200 km mit dem Rad) aus religiösen und/oder spirituellen Gründen auf einem anerkannten Pilgerweg gepilgert (Nachweis durch je zwei Pilgerstempel pro Tag),
- das Grab des Hl. Jakobus in Santiago de Compostela wurde besucht und
- der Pilger hat an einem Gottesdienst teilgenommen.
Die Pilgerurkunde ist kein Ablaßdokument!
Im 13. Jahrhundert erhielten die Pilger Beglaubigungsschreiben, später dann die Compostela. Die Jakobsmuschel als Beweis der absolvierten Pilgerreise hatte sich als unzureichend
erwiesen.
Nur wer die Compostela vorweisen konnte, durfte sich fortan auf seiner Heimreise in einer Pilgerherberge bei freier Verköstigung drei Tage aufhalten. Als Relikt aus dieser Zeit, werden im
Parador „Hostal de los Catolicos“, neben der Kathedrale, im Pilgerspeiseraum des Hotels heute noch täglich 10 Pilger mit Frühstück, Mittag- und Abendessen verköstigt.
Bonus: Rabatte und freie Eintritte
In Rothenburg o.d.T. ist die Besichtigung der Jakobskirche bei Vorlage des Pilgerausweises frei. Zudem erhält man dort gleich einen Pilgerstempel.
In Coburg erhält der Pilger im Gasthaus Loreley bei Vorlage der Pilgerausweises ein Pilgerbier bzw. eine Pilgersuppe.
In Sirnach (Schwabenweg) schenkt das Gasthaus Engel gegen Vorweisen des Pilgerpasses eine Pilgersuppe aus, ebenso das Hotel Jakob in Rapperswil.
In St. Gallen erhält man gegen Vorweisen des Pilgerpasses einen reduzierten Eintritt zur Stiftsbibliothek und zum Stickereimuseum.
Im Berggasthof Haggenegg (Innerschweizer Weg) gibt es Rabatt auf Pilgerbier und Pilgermenüs.
Viele Hotels gewähren Pilgern Rabatt. Man muss einfach nur unter Vorlage des Pilgerausweises nachfragen. Es lohnt sich.
Ein Pilgerpass hat kein Ablaufdatum.
Spurensuche: Pilger – Pilgerer - Pilgernde
Ein Pilger oder Wallfahrer (Plural auch Wallleute) ist eine Person, die eine Wallfahrt unternimmt. Das Wort Pilger, veraltet auch Pilgrim („Fremdling“), stammt von lateinisch peregrinus
(oder peregrinari, „in der Fremde sein“) ab.
Ein einzelner Pilger wurde früher als Pilgersmann oder Pilgersfrau bezeichnet.
Im Kirchenlatein bezeichnet Pelegrinus eine Person, die aus
Glaubensgründen in die Fremde zieht, zumeist eine Wallfahrt zu einem Wallfahrtsort unternimmt, zu Fuß oder auch unter Verwendung eines Transportmittels.
Quellen:
Knauers Kulturführer Deutschland, Droemersche Verlagsanstalt, 1976.
Unterwegs auf den schönsten Pilgerrouten Europas, Kunth Verlag, München, 2023.
Jakobswege in Deutschland, Regine Heue, Bruckmann Verlag, München, 2022.
Auf dem Jakobsweg - Unterwegs im Zeichen der Muschel, Verlaghaus Würzburg, 2015.
Jakobsweg, Pilgern auf Camino Francés und Camino Aragones, Kunth Verlag, München, 2015.
Unsere bayerische Heimat, Ein Reisebegleiter, Verlag Alfred Beron, München, 1974/75.
Deutschland, Sonderausgabe für Tandem Verlag, Potsdam, 2016.
dtv Brockhaus Lexikon in 20 Bänden, Verlag F. A. Brockhaus, Mannheim, 1989.
photos: copyright by a-men-photography.
Internetquellen, u.a. www.wikipedia.de.
Diese Webseite ist noch nicht für mobile Handys, iPhones, Smartphones und Tablets optimiert.
Alle Angaben ohne Gewähr