„An den Scheidewegen des Lebens
stehen keine Wegweiser.“
Wem es noch nicht aufgefallen ist: Die Deutschen lieben Schilder. Verkehrsschilder, Hinweisschilder, Warnschilder, Verbotsschilder, Informationsschilder umgeben uns in derartiger Vielfalt, dass wir sie einerseits ausblenden, anderseits aber auch bewußt nach ihnen Ausschau halten. Das Parkplatzschild nehmen wir erst dann bewußt wahr, wenn wir nach einen Parkplatz Ausschau halten. Zu all diesen Schildern gesellen sich dann noch unzählige Plakate und kleine Aufkleber mit Statements aller Art. Hinzu kommen noch die Wegmarkierungen für Wanderer. Auch Wälder - man sollte es gar nicht glauben - sind damit übersät. Ein Baum mit fünf Wegmarkierungen ist keine Seltenheit.
Für einen Jakobspilger in Deutschland ist es relativ einfach: Er sucht die Jakobsmuschel als Symbol auf blauem Hintergrund. Bei
aller Variation in Form und Farbe doch einfach zu erkennen. So weit, so gut. Jetzt kommen noch Pfeile hinzu und wenn der Weg dann noch in beide Richtungen
(also auch der Rückweg) ausmarkiert ist, dann kann es mit der Orientierung schon spannend werden.
Ich will das Ganze nicht dramatisieren, weil geschätzt 80% des Weges ganz hervorragend und vorbildlich ausmarkiert sind. Aber genau hier liegt das Problem für
den Pilger und Wanderer: Es sind nur 80%! Die restlichen 18% der Wegmarkierungen
muss man suchen. Etwa 2% der Wegmarkierungen fehlen bzw. sind komplett unkenntlich. Im besten Fall kostet das Orientieren hier nur Zeit. Im schlechtesten Fall
laufen Sie mehrere hundert Meter hin und her und brauchen noch mehr Zeit, um eine "Anschluß-Wegmarkierung" zu finden.
Vom Grundsatz her ist es sehr, sehr einfach:
Der Pilger orientiert sich am Muschelschloß. Das Muschelschloß ist bei der Jakobsmuschel das spitze Ende mit den beiden kleinen Flügeln. Deshalb wird es in mancher Literatur auch als Muschelspitze bezeichnet. Anatomisch ist es die Stelle, an der die beiden Muschelschalen von einem Muskel zusammengehalten werden.
folge dem (nächstmöglichen) Weg nach links |
folge dem Verlauf des Weges weiter |
Könnte heißen „fahr zur Hölle”, kennzeichnet aber den Rückweg, falls der Pilgerweg nach beiden Seiten markiert ist. | folge dem (nächstmöglichen) Weg nach rechts |
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Diese vier Symbole finden sich als "Sichtzeichen" oder "Wangenzeichen". Entweder sehe ich das Symbol in der Entfernung und laufe darauf zu (Sichtzeichen) oder es ist so angebracht, dass ich seitlich, mit der Wange daran vorbeilaufe (Wangenzeichen).
Handlungsanweisung oder Richtungsanzeige?
Es ist eine Freude mit dem Muschelsymbol als Handlungsanweisung zu pilgern. Warum? Weil nahezu kein Raum für eine falsche Interpretation
der Wegmarkierung vorhanden ist.
Pfeil nach oben: Folge dem Verlauf deines Weges weiter. Geh also nicht links oder rechts ab. Einfach oder?
Bei einer Richtungsänderung gibt es die Ankündigungsmarkierung und die Ausführungsmarkierung. Die Ankündigungsmarkierung ist ca. 5 bis 15 m vor
der Richtungsänderung gesetzt. In Sichtweite ist eine Ausführungsmarkierung angebracht (hier geht´s lang!). Die Richtungsänderung ist so eindeutig
und zweifelsfrei mit nur zwei Wegmarkierungen gesetzt.
Richtungspfeile
Weißer Pfeil auf schwarzem Hintergrund oder umgekehrt. Roter Pfeil, gelber Pfeil, weißer Pfeil, Winkelpfeil. Die Pfeilrichtung gilt für alle Wegmarkierungen über dem Pfeilsymbol.
Regel: Richtungspfeil sticht Muschelspitze! Der Pfeil sagt wo es lang geht!
Auf etlichen Jakobswegen wird die Richtung allerdings generell nicht mit dem Muschelschloss angezeigt, sondern nur mit Pfeilen - von groß bis "en miniature".
Bleiben sie entspannt, wenn unser Muschelsymbol im Verbund mit anderen Wegmarkierungen angebracht ist. Folgen Sie dem "Markierungsbulk-Richtungspfeil",
egal ob das Muschelschloss nach links oder rechts zeigt.
Vom Segen zum Fluch ....
Eine gut angebrachte Wegmarkierung springt dem Pilger ins Auge. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie eindeutig den weiteren Wegverlauf anzeigt. Im optimalen Fall zeigt sie die Richtungsänderung 10 bis 15 m vor der Abzweigung an und wird kurz nach der Abzweigung durch ein weiteres (Sicht-)Symbol bestätigt. Das garantiert ein entspanntes Pilgern.
Kritisch sind verwittere, ausgeblichene, überdeckte oder zugewachsene Markierungen.
Wirklich problematisch sind ...
1. Wegmarkierungen, bei denen das Muschelschloß in die falsche Richtung zeigt und durch einen Richtungspfeil korrigiert wird;
2. "mikroskopisch" klein gehaltene Richtungspfeile auf den Wegmarkierungen;
3. Wegmarkierungen, die erst 10 m nach einer Ver- oder Abzweigung gesetzt sind;
4. Wegmarkierungen, die verdeckt werden durch Pflanzenwuchs oder durch Anbringung von Schildern (sehr häufig!);
5. Wegmarkierungen, die an unüblichen Stellen angebracht sind, z.B. an Straßenbegrenzungspfeilern oder als Bodenmarkierung;
6. Wegmarkierungen, die gänzlich fehlen.
Zusammenfassung und Warnung ....
Zu oft gilt leider die 80:20 Regel auf den Pilgerwegen, d.h. 80% der Wegstrecke sind löblichst ausmarkiert und die restlichen 20% wollen erst gefunden werden oder laden ein zu Missverständnissen.
Gewarnt sei vor den relativ kleinen Muschelsymbolen mit gekreuzten Pilgerstäben und weißen Rand. Richtungsänderungen werden bei diesen Symbolen sehr oft nicht durch Drehung des Muschelschlosses nach links oder rechts angezeigt, sondern nur durch winzig kleine Pfeile im weißen Rand. Genau hinsehen!
Wegmarkierungen gut zu setzen ist mit Sicherheit nicht einfach. Auch hier gilt der Spruch des Autobauers Henry Royce:
"Kleinigkeiten sind es die Perfektion ausmachen, aber Perfektion ist alles andere als eine Kleinigkeit."
Länger als 5 min. wandern ohne ein Muschel-Wegzeichen zu sehen, heißt nahezu ausnahmslos "falscher Weg"! Pilgerbücher aus dem Jahre 2006,
mittlerweile in zweiter Auflage erschienen, umschreiben immer noch sehr höflich grottenschlecht gesetzte Wegzeichen. Alternativ dazu findet man sehr eloquent
formulierte Aussagen, wie: "Achtung, manche Muschelmarkierungen sind auf diesem
Abschnitt ohne die ansonsten gewöhnliche Richtungswirkung." [S. 44, Via Imperii, Renate Florl, Vier-Türme Verlag, 2016] Für mich heißt das immer: Der oben angebrachte
Name des Wandervereins ist wichtiger als eine eindeutige Orientierungsvorgabe für den Pilger
Es gibt Wegstrecken, bei denen ich mich an anderen Wegsymbolen oder nur mit Hilfe von GPS-/GPX-Daten orientiere und die Pilgermuschel ignoriere.
Aber selbst auf solchen miesen Strecken gilt die 80:20 Regel: 80% des Weges sind top ausmarkiert ... (Bsp.: Marktschorngast - Bayreuth), aber der Rest ....
Beim Deutschem Wanderinstitut läßt sich folgendes nachlesen: "Die sorgfältigste Markierung ist mit einem Schlag vergeblich, wenn Wanderer wegen nur eines an wichtiger Stelle fehlenden oder irreführenden Zeichens den Weg verlieren." Nehme ich diese Vorgabe als Maßstab, dann erfüllt nahezu kein Jakobsweg in Süddeutschland diese Anforderung.
Anders als in der Schweiz verlieren sich in Deutschland viele Jakobswege in den Städten. Karte und GPS-/GPX-Daten helfen weiter ...
„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.”
Markierung von Wanderwegen - Eine Vorgabe des
Deutschen Wanderinstitutes ....
Grundregeln für die Markierung von Wanderwegen finden sich hervorragend zusammengefaßt auf einem zweiseitigem
Dokument beim Deutschen Wanderinstitut.
PDF Download hier! (Stand: 2006)
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Vorgezeichnete Wege
„Geh nicht immer auf dem vorgezeichneten Weg, der nur dahin führt, wo andere bereits gegangen sind.”
Alexander Graham Bell
Eigene Wege ...
„Ich geh meine eigenen Wege, ein Ende ist nicht abzusehn.
Eigene Wege sind schwer zu beschreiben, sie entstehen ja erst beim Gehn.”
Heinz Rudolf Kunze